Wir protestieren für …

1. Mönchengladbacher Inklusionsforum • Nachlese Teil “Exklusiv” No. 1: Mobilitäts­erfahrungen eines „Auswärtigen“

von | 19. Juni 2025 | Inklusionsforum 2025, Mobilität | 0 Kommentare

Auf Einladung der Kontaktstelle Mönchenglad­bach des BSK haben meine Frau Claudia Kittendorf-Wolf (mit Rollator und als meine Begleitperson nach Schwerbehindertenausweis) und ich (in meinem Elektro-Rollstuhl) den Weg ins Ernst-Christoffel-Haus der Evangelischen Kirchengemeinde in Rheydt auf uns genommen und am Inklusionsforum teilgenommen.

Dankeschön für den netten Empfang und die Bewirtung; über die Veranstaltung selbst werden andere berichten.

Ich hingegen gehe in den folgenden Zeilen auf unsere Beobachtungen und meine Einschätzungen bezüglich der Barrierefreiheit auf der Hin- und Rückreise per Eisenbahn und ÖPNV ein, und zwar:

Weil sich die Angaben auf eine einzige Hin- und Rückfahrt beziehen, ergibt sich eine Momentaufnahme, die ich jedoch mit vorliegenden, weiteren Informationen in Beziehung setze.

Der Blick eines Ortsunkundigen sieht manchmal etwas anderes, als Einheimische mit ansonsten vergleichbaren Eigenschaften es täten.

Denen fällt vielleicht das Nicht-Vorhanden-Seien einer Information nicht auf, weil die ihnen selbst nicht fehlt.

Denen fällt sogar ein Richtungspfeil in die falsche Richtung nicht unbedingt auf, weil sie ja wissen, in welche Richtung sie müssen.

Relevant sind beide Sichtweisen, denn Barrierefreiheit ist vom Begriff her ja nicht auf Einheimische beschränkt.

An- und Abreise auf Strecken außerhalb von Rheydt

Die Anreise erfolgte ab unserem Wohnort Ludwigshafen in aller Frühe per Straßenbahn, dann mit einem ICE von Mannheim bis Düsseldorf Hauptbahnhof und dann mit einem Regionalzug bis Mönchengladbach Hauptbahnhof und einem weiteren Regionalzug bis Rheydt Hauptbahnhof.

Dann haben wir einen Stadtbus bis zur Haltestelle am Rathaus benutzt.

Die Rückreise erfolgte per Stadtbus bis Rheydt Hbf, mit einem Regionalzug bis Düsseldorf Hbf, mit dem ICE bis Mannheim Hbf und mit der Straßenbahn in unseren Stadtteil in Ludwigshafen.

Natürlich gab es auch außerhalb von Rheydt schon Probleme, angefangen damit, dass wenige Stunden nach dem Kauf der Fahrkarte (am Vortag der Reise!) und der Anmeldung der Hilfeleistung für den Ein-, Um- und Ausstieg die Nachricht kam, der eben noch von der DB vorgeschlagene Zug der Linie RE4 ab Düsseldorf Hbf würde dort nicht halten.

Bis zum Telefonat wegen der Umplanung wurde aus dem Ausfall eines Haltes der Ausfall der Verbindung. Bei meiner Anfrage vor Wochen ergab die Angabe zum letztlich benutzen ICE, es seien keine Rollstuhlplätze verfügbar.

Am Freitag vor der Veranstaltung waren drei der vier Rollstuhlplätze des Zuges verfügbar, allerdings zu höheren Preisen, als das bei frühzeitiger Buchung der Fall gewesen wäre.

Nicht umtauschbare Fahrkarten zum Supersparpreis kaufen und dann doch keinen Rollstuhlplatz bekommen, bietet sich für Rollstuhlfahrer nicht an.

Wieso anmelden, wozu ist das gut?

Schon damit man als Mensch im Rollstuhl überhaupt in manche Züge gelangen kann.

Bei der Hin- und Rückfahrt im ICE war es in beiden Fällen ein ICE 4.

Die Triebzüge dieses Typs haben einen eingebauten Hublift für Rollstühle pro Seite des Zuges.

Bei der Fahrplanauskunft steht so etwas wie “Fahrzeuggebundene Einstiegshilfe vorhanden”.

Vorhanden wird der Hublift technisch gesehen sein.

Statt dessen wurde beim Ein- und Ausstieg jeweils der Hublift auf dem Bahnsteig genutzt.

Das geht letztlich schneller, was teils an der bestellten Ausführung des eingebauten Hublifts und teils an der Schulung der Mitarbeiter hängt.

Bei zwei Fahrten saßen auf den zutreffend als reserviert angezeigten Plätzen andere Reisende, die allerdings recht flott den Platz räumten.

Es waren ja reichlich andere Plätze im Wagen frei.

Gerade im Weichenbereich bei den großen Bahnhöfen ist es unpraktisch, wenn der Rollstuhl noch irgendwie schräg im Gang und nicht am Rollstuhlplatz an der Haltevorrichtung eingeparkt ist.

Nun ja, so ein Rollstuhlplatz ist irgendwie auch ein Platz für Menschen mit langen Beinen oder viel Gepäck und Krimskrams, der auf dem Tisch ausgebreitet wird.

Auf dem Tisch, den ich hochklappen muss, um mit meinem Rollstuhl am reservierten Rollstuhlplatz einzuparken.

Woher soll man als Fahrgast wissen, dass tatsächlich jemand kommt und ausgerechnet diesen Platz haben will?!?

Wer schnell etwas in einem Laden holen will und unberechtigt auf einem Behindertenparkplatz sein Auto abstellt, wird auch sagen, er wäre weggefahren, wenn jemand gekommen wäre, der den Platz braucht.

Er hätte niemanden gesehen, bis es aus dem Laden kam…

Beim Umstieg in Mönchengladbach wurde ich auf eine frühere Verbindung hingewiesen, weil die eben doch nicht „wegen der Umsteigezeiten nicht erreichbar” war und überdies der Ausstieg in Rheydt Hbf einfacher wäre.

Ein guter Ratschlag, wie ich anmerken möchte.

Die Reiseplanung für Menschen im Rollstuhl hat im Zusammenhang mit der Fahrt mit Eisenbahn und ÖPNV immer wieder Herausforderungen.

Das moderne Fahrgastinformationssystem in Zügen bietet eine Vielzahl von Informationen, zumindest für manche Menschen.

Durchsagen erreichen aber nur die, die hören können.

Mangels Umsetzung des Zwei-Sinne-Prinzips wird der entsprechende Inhalt mancher Durchsagen auf den modernen Displays nicht gleichlautend angezeigt.

Schlimmer noch: von der Abfahrt in Düsseldorf bis zur Ankunft in Mönchengladbach wurde eine ständig steigende Verspätung für die Abfahrt ab Düsseldorf angezeigt.

Mithin waren die angezeigten Informationen zu den Halten unzutreffend.

In manchen Verkehrsverträgen kostet so etwas das ausführende Eisenbahnverkehrsunternehmen Geld.

Die Rückfahrt verlief wie geplant, auch wenn ich dem Rollstuhlplatz hinter der von Zeit zu Zeit gestörten Universaltoilette des RRX bis Düsseldorf Hbf nichts abgewinnen konnte.

Die anderen Rollstuhlplätze waren von Menschen belegt, die nicht unbedingt auf diese Plätze angewiesen waren.

Wegen Mitreisenden auf den Klappsitzen am Gang neben der Universaltoilette war der Durchgang dort hin für Menschen im Rollstuhl oder mit Rollator ohnehin nicht passierbar.

Ab Düsseldorf Hbf kam es zu einer deutlichen Verspätung bei der Ankunft des ICE wegen eines Notarzteinsatzes am Gleis.

In der Straßenbahn auf dem letzten Abschnitt der Reise stürzte sich ein Mitmensch auf mich, eigentlich wollte er sich nur stützen, doch er war sturzbesoffen.

Nach Düsseldorf Hbf war das der zweite Mitmensch an dem Tag, der sich aus gleichem Grund an mir oder meinem Rollstuhl Halt zu verschaffen suchte.

Die Zahl der Anrempler durch die Hast und den Blick der Fahrgäste auf Smartphones zähle ich schon lange nicht mehr; manchmal hatte ich schon die Idee, ich könnte vielleicht unsichtbar geworden sein.

Aber nein, das hat wohl nur andere Gründe.

Was ich bei meinem Besuch in Rheydt vorfand • Etwas Allgemeines

Bezüglich des ÖPNV haben Ehrenamtliche der Kontaktstelle Mönchengladbach des BSK schon Informationen zusammengestellt, die insbesondere auf die Haltestellen der Buslinie 016 eingehen.

Diese Angaben hatte ich zuvor gelesen.

Hinsichtlich der Barrierefreiheit geht es jedoch nicht nur um bauliche Merkmale, es geht auch darum, wie sich die Abwicklung des Betriebs für Menschen mit Behinderungen darstellt.

Da geht es um die Fahrgastinformation vor der Fahrt, den Einstieg, den Platz im Fahrzeug, die Fahrgastinformation während der Fahrt und den Ausstieg.

Dabei achte ich als Rollstuhlfahrer mehr als andere auf die Verhältnisse für Menschen im Rollstuhl, mit Rollator und Ältere, die nur schlurfend gehen oder Einkaufsroller und dergleichen mit sich führen.

Natürlich habe ich die barrierefreie Fahrplanauskunft zu barrierefreien Verbindungen bei der Gelegenheit ausprobiert. Gemeint ist einmal die Bedienbarkeit und die Darstellungsform jeweils in “barrierefrei” und die Einschränkung des Ergebnisses auf barrierefrei nutzbare Verbindungen.

Beim VRS habe ich “Deine Fahrplanauskunft” aufgerufen für die Fahrt ab “Rheydt Hbf, Mönchengladbach” nach “Rathaus Rheydt, Mönchengladbach – Rheydt”.

Ohne Einschränkungen kamen viele Vorschläge, auch mit der Linie 016, die ich aus dem genannten Grund im Sinne hatte.

Die Kartendarstellung verwendet die Haltestelle, nicht aber die genaue Position.

Unter “Optionen” kann man bei “Mobilitätseinschränkungen auswählen” auf “Rollstuhl” klicken.

Bei der Abfrage mit dieser Einstellung kommt keine einzige Verbindung heraus. Die Meldung

„Falls Du eine Verbindung mit Mobilitätseinschränkung gesucht hast, kann es sein, dass keine Verbindung gefunden wird, weil hier zurzeit keine ausreichenden Daten vorliegen.”

Mit einer weiteren Auswahloption kommt: “Rheydt Hbf: Informationen zum Barrieregrad des Einstiegs liegen nicht vor!” und “Rathaus Rheydt: Informationen zum Barrieregrad des Ausstiegs liegen nicht vor!”

Nun ja, liebe Mitstreiter aus Mönchengladbach, da liegen also die Daten Eures Verkehrsbetriebs in den Daten des Verkehrsverbunds neben dran nicht vor.

Nicht unüblich in Deutschland im Jahr 2025, schlecht ist das aber trotzdem.

Wie war das mit dem Haltestellen-Kataster?

Was bietet statt dessen die Auskunft des VRR? Nun ja, für die gleiche Abfahrtszeit eines konkreten Busses der Linie 016 zeigt die dortige Kartendarstellung eine andere Abfahrtposition als die beim VRS.

Wieso? Irritierend ist das sicherlich.

Die Angabe beim VRS kommt der tatsächlichen Stelle jedoch näher.

Dort kann man keine solchen Profile wie „Rollstuhl” auswählen, es gibt Suchoptionen wie „Einstiegshilfe oder ebenerdiger Einstieg benötigt” und „Nur rollstuhlgerechte Wegoberflächen”.

Hier erfolgt keine Eingrenzung, es kommen reichlich Verbindungen.

Zu früh freuen sollte man sich nicht, denn der VRR war mir bezüglich solcher Auskünften schon bekannt.

Also rasch mal eine Fahrt von Rheydt Hbf nach Mönchengladbach Hbf ausprobieren und auf „nur Rollstuhlgerechte Wegeoberflächen” eingegrenzt, schon war ein Zug der Linie RE8 bei den Antworten dabei, der in Rheydt Hbf ab Gleis 1 fahren soll.

Der Weg über die Treppe als einzigen Zugang zu Gleis 1 ist demnach rollstuhlgerecht.

Echt jetzt?

Spitzfindige werden das ausprobieren wollen und entdecken, dass am auch „ohne Treppen” auswählen kann.

Stimmt.

Bei meiner Abfrage kamen dann gar keine Zugverbindungen und den Bus nehmen war angesagt.

Ich bin mir sicher, es gab bei meiner Fahrt zur Veranstaltung eine Zugverbindung, bei der ich nicht im Rollstuhl eine Treppe benutzt habe.

Ich bin mir sicher, das wäre mir im Gedächtnis geblieben.

Eine Reise im Rollstuhl mit den aktuellen Auskunftsmedien sollte ohne Spezialwissen zu schaffen sein, ist es aber nicht.

Mehr zu Rheydt Hauptbahnhof folgt am Schluss.

Bus-Haltestelle Rheydt Hbf

Die genaue Abfahrtsposition aufzufinden, war keineswegs einfach.

Ich hatte zwar die Kartendarstellungen beim Verkehrsverbund online angeschaut, doch dort wird nicht nach der Halteposition unterschieden.

In der Folge fuhr uns ein Bus der gewünschten Linie 016 davon, weil ich vorn am Bussteig war, als der fragliche Bus weiter hinten und für uns verdeckt an der Haltekante stand und ohne uns weg fuhr.

Die Beschriftungen zu haltender Linie und Fahrtziel an der Haltestelle sind vorhanden, jedoch in zu kleiner Schrift, um das ohne ein dichtes Heranrollen jeweils lesen zu können.

Die Anzeige des Displays der Dynamischen Fahrgastinformation zeigt zwar Linienbezeichnung, Fahrtziel und Wartezeit, nicht aber die Halteposition an dem Bussteig, an dem sie sich befindet.

Eine Übersichtstafel zu Fahrtzielen oder gar Strecken stand nicht an meinem Weg zwischen Hauptbahnhof und Bussteig.

Das Gebäude der Informationsstelle war nicht mehr besetzt und gemäß einem Aushang neben den weiterhin gezeigten Öffnungszeiten dauerhaft geschlossen.

Solche Informationen sind in sich widersprüchlich und damit irritierend.

Bezüglich der Information für Ortsunkundige ist wichtig, nicht nur Linienendpunkte, sondern relevante Fahrtziele hervor zu heben.

Das ist dort nicht zu finden, wenn man vom Durchlesen der einzelnen Fahrplanaushänge absieht, die jedoch an unterschiedlichen Stellen hängen.

Taktile oder akustische Informationen waren dort bisher wohl auch nicht für notwendig gehalten worden.

Aus meiner Sicht gehört zu einer Anzeige der Dynamischen Fahrgastinformation immer auch eine Sprachausgabe, deren Taster für die Zielgruppe nach dem Zwei-Sinne-Prinzip aufzufinden sein muss.

Selbst wenn man aus falschen Motiven nach Haltestellen unterscheidet, an der Blinde einsteigen wollen könnten, so ein Hauptbahnhof ist automatisch eine Haltestelle, an der mit Blinden sicherlich zu rechnen ist.

In soweit bestätigte sich die Wertung mit dem Daumen nach unten für die Bushaltestelle für diese Fahrtrichtung auf der Website der Kontaktstelle Mönchengladbach des BSK.

Bezogen auf die Angabe “Angehobener Bordstein” bleibt festzustellen, dass die Haltekante als Busbucht gar mit unterschiedlichen Haltepositionen für einen barrierefreien Einstieg unbrauchbar ist.

„Natürlich” ist die Höhe des Busbords nicht so ausgeführt, dass der Einstieg ohne fremde Hilfe autonom auch für Menschen im Rollstuhl möglich ist.

Maßgeblich wäre die DIN 18040-3, die einen Höhenunterschied von bis zu fünf Zentimetern (auch vertikaler Spalt genannt) und einen Abstand von bis zu fünf Zentimetern (auch horizontaler Spalt genannt) jeweils als Maximum vorsieht.

Wäre!

Bezugspunkte sind die Kante der Haltestelle, hier der Bordstein einerseits und die Einstiegskante des Busses an der jeweiligen Tür andererseits.

Für Busse mit einem Rollstuhlplatz bei der zweiten Tür ist für Rollstuhlfahrer diese Tür relevant.

Rollstuhlnutzer sind nicht das Maß der Dinge – für Barrierefreiheit müssen letztlich alle nutzbaren Fahrgasttüren barrierefrei nutzbar sein.

Schließlich kann in einem vollen Bus zu einem besser nutzbaren Ausgang gehen von einen Menschen mit eingeschränkter Mobilität nicht ernsthaft erwartet werden.

Üblicherweise können Stadtbusse die von Normen vorgeschriebenen 27 cm an der zweiten Fahrgasttür (dort befindet sich die Fläche für den Rollstuhl) durch die seitliche Absenkung (das Kneeling) einhalten, wenn eine bestimmte Bereifung vorhanden ist.

Zumindest im Neuzustand des Busses.

Von daher müsste ein Bussteig bei eingeschaltetem Kneeling des Busses 22 cm hoch sein, damit die maximal 5 cm Höhenunterschied erreichbar sind.

Rechengang: 27 – 5 = 22.

Allerdings ist auch der Wert von 5 cm keineswegs unkritisch für die barrierefreie Benutzung, Normen werden ja bisher nicht “für” die Behinderten gemacht.

Schaut man in eher wissenschaftliche Untersuchungen, dann gibt es innerhalb des bei uns normgerechten Bereichs bereits eine nennenswerte Anzahl von „Fails”.

Das meint Fehlversuche, bei denen es in bestimmten Fällen eben nicht klappte.

Dabei werden oft Verhältnisse und Zeitannahmen vorgegeben, die mit dem “echten Leben” nicht recht zusammen passen.

Damit ist die Anzahl der Fails in den Untersuchungen eher zu niedrig angesetzt.

In NRW ist in diesem Zusammenhang von „extra hohen Bordsteinen” die Rede.

So steht im „Leitfaden zur Barrierefreiheit – Anforderungen an die Barrierefreiheit im Verkehrs- und Freiraum unter Berücksichtigung der DIN 18040-3″ auf der Website der Agentur Barrierefrei NRW die Formulierung „Bei Bushaltestellen ist dies in der Regel durch einen extra hohen Bordstein und ein Absenken der Busse („Kneeling“) möglich.”

Busbuchten mit einem nicht geraden Verlauf der Haltekante und Randsteinen, die keine Spurführung unterstützen, führen dazu, dass der seitliche Abstand unterschiedlich und eher höher als 5 cm wird.

Geschätzt die Länge eines Unterarms konnte ich bei verschiedenen Bussen als seitlicher Abstand beobachten – da kommt es nicht mehr auf den genauen Wert an, das ist jedenfalls nicht mehr im „grünen Bereich”, das ist nicht barrierefrei.

Stichwort kommunaler Nahverkehrsplan (NVP): wenn man die Organisationen der Menschen mit Behinderungen beteiligt und auf die hört (ja, eine Zusatzbedingung, die oft unberücksichtigt bleibt), könnten Vorgaben zur Mindestausstattung von Bussen enthalten sein, die auch berücksichtigen, dass man vom Rollstuhlplatz aus bei richtiger Aufstellung im Bus nach hinten schaut.

Folglich wäre es richtig, Displays auch für Menschen vorzusehen, die diese Blickrichtung haben müssen.

Bei der Gelegenheit wird oft vorgesehen, dass mindestens ein Teil der Busse mehr als einen Rollstuhlplatz haben muss.

Oft wird dann der Rollstuhlplatz auf der Fahrerseite länger ausgeführt und kann einen E-Scooter (so ein Senioren-Mobil mit ÖPNV-Zulassung nach einem Erlass aus NRW; nicht die Tretroller mit E-Antrieb sind gemeint) oder einen Rollstuhl plus einen Kinderwagen aufnehmen.

Der zweite Rollstuhlplatz ist dann auf der Türseite vom Einstieg an der zweiten Tür gesehen nach vorn im Fahrzeug angeordnet.

Selbst für den Einsatz dieser Busse auf bestimmten Linien kann es Vorgaben im NVP geben, weil auf manchen Linien ein höherer Bedarf für solche Plätze absehbar sein kann.

Häufiger Denkfehler: mit einem Rollstuhlplatz wäre eine Bus-Verbindung schon barrierefrei.

Wenn zwei oder drei Rollstuhlfahrer nach einer Veranstaltung heimwärts fahren wollen und Busse mit nur einem Rollstuhlplatz nur (noch) im Halb-Stunden-Takt fahren, werden diese Rollstuhlfahrer mit dem Angebot des ÖPNV nicht zufrieden sein können.

In der Tat wird man als Politiker antworten, dass ja immer noch ein Rollstuhlfahrer mehr aufgeführt werden könnte, als Plätze da sind.

Stimmt.

Wo soll das hinführen, wenn angesichts der Verkehrswende mehr Fahrgäste kommen, als man haben will?

In Pressemitteilungen lese ich recht oft von „ausreichend Platz auf Mehrzweckflächen” und dergleichen.

„Großzügig” im Sinne von gönnerhaft ist eine andere Formulierung.

Wenn der Platz ausreichend ist und für die Anzahl der betreffenden Personen nicht ausreicht, dann was?!

Großzügig darüber hinweg gehen, weil das nur die Menschen mit Behinderungen betrifft?

Für den Rollstuhlfahrer ist ein Bus mit nur einem Rollstuhlplatz voll, wenn nur die zwei Menschen „Rollstuhlfahrer” und „Busfahrer” drin sitzen, die „Auslastung” des Busses ist hingegen äußerst gering.

Für „Laufende” ergibt sich diese Problem auch irgendwann, jedoch erst bei erheblich mehr anderen Fahrgästen.

Im Inklusionsforum äußerten sich die Kandidaten für das Amt des Oberbürgermeisters und der Amtsinhaber zu Gründen für Verzögerungen bei der Herstellung der Barrierefreiheit, die oft in der Finanzierbarkeit und der Bürokratie bei Fördermitteln gesehen wird.

Allerdings werden die Haltestellen nicht automatisch barrierefrei im Sinne der autonomen Benutzbarkeit nach der UN-BRK und den „Abschließenden Bemerkungen der Staatenprüfung Deutschlands“ aus 2023, wenn man die konkrete Ausführung Städten als Baulastträger oder gar Verkehrsbetrieben überlässt.

Zwar würden die Haltestellen sicherlich umgebaut, doch keineswegs zwingend im Sinne der genannten Norm oder gar im Sinne des damit nicht gewährleisteten Ziels der autonomen Nutzbarkeit.

Jedenfalls ergaben Gespräche mit Stellen, die für Fördermittel verantwortlich sind, dass man mancherorts zu Überprüfungen vor Ort übergegangen ist, damit gegebenenfalls noch Anpassungen gemacht werden können.

Unbewiesene Behauptung meinerseits?

Es ist erst wenige Wochen her, dass in einem Planfeststellungsbeschluss die Höhe der Busborde mit 18 cm zugelassen wurde – in einer einfach anzufahrenden Geraden – weil das ja bereits barrierefrei sei und man Rampen in den Fahrzeugen hätte.

Für manche Juristen und Bürokraten ist 27 – 5 offenbar doch irgendwie auch 18, wenn das gewünscht wird.

Abweichungen von geltendem Recht in Planungen kann zu Klagen führen, denen man mit beschleunigten Verfahren beikommen will.

Wie erwähnt, die Sache mit den Fördermitteln könnte “unbürokratischer” laufen.

Ein anderer Ansatz wäre es, die Planung von Haltestellen einer separaten Stelle (pro Bundesland) zu überlassen, bei der dann nach einer Weile selbst kurioseste Verhältnisse bereits von anderswo bekannt sind und wo man bei Ausschreibungen und Vergaben durch Bündelung für alle Seiten bessere Verhältnisse schafft.

Von Planungsleistung über Vergabe bis Abnahme, diese Stelle hätte nach einer Weile die Sache drauf und die knappe Ressource Planer, die je nach Kommune letztlich besser für andere Aufgaben eingesetzt würde, könnte geschont werden.

Letztlich zahlt (trägt) den Umbau von Haltestellen bisher Großteils nicht der Baulastträger.

Als es um die Abnahme einer größeren Anlage mit Querungsstellen und veränderten Gehwegen ging, konnte man ob der vielen bunten Kringel und Kreuze auf dem Boden meinen, da hätten Kinder gemalt.

Eigentlich ging es nur um die Markierungen von Stellen, bei der vor Abnahme noch Änderungsbedarf bestand.

Auch die Baubranche leidet unter einem Fachkräftemangel. Viele gleichartige Aufträge hintereinander, das gibt die Vergabepraxis nur bedingt her.

Randbemerkung: Nicht einmischen will ich mich in die lokalen Angelegenheit und gar Wahlen.

Allerdings waren die Aussagen der drei Kandidaten für ein auch für die Menschen mit Behinderungen wichtiges Amt schon geeignet, Unterschiede heraus zu hören.

Danke insoweit an Herrn Dr. Winfried Kösters als den Moderator.

Übrigens: wenn jemand einen Experten für ÖPNV auf Seiten der Behinderten etwas fragt und ohne die Antwort abzuwarten wieder ihm wichtigere Termine wahrnimmt, dann enthält auch das eine Aussage.

Zur Barrierefreiheit nach den Behindertengleichstellungsgesetzen zählen neben der hier nicht gelungenen Auffindbarkeit die Zugänglichkeit und die Nutzbarkeit.

Weil Randsteine zwar vorhanden sind, die Haltekante aber den barrierefreien Einstieg im Rollstuhl unmöglich macht, werden die in den Bussen vorhandenen Klapprampen relevant.

Wie ist der Zusammenhang zwischen Klapprampen und der Barrierefreiheit?

Ziel ist der autonome Fahrgastwechsel für alle. Das geht flott, reduziert die Zeit für den Aufenthalt an Haltestellen und bewirkt, dass niemand auf fremde Hilfe angewiesen wird.

Dann muss niemand vom Fahrerplatz aufstehen und sich gar noch bücken, um eine Klapprampe zu bedienen

An nicht barrierefreien Haltestellen – da, wo es nicht autonom klappt – kann eine Rampe im Fahrzeug, sei es eine elektrisch betriebene oder eine manuelle Klapprampe, den Ein- und Ausstieg von Menschen im Rollstuhl unterstützen.

Ohne einen “Bordstein” würde die Rampe auf dem Straßenniveau aufliegen.

27 cm Höhenunterschied (der Wert bei aktivem Kneeling) auf unter einem Meter Länge der Rampe überwinden müssen, ist im Greifradrollstuhl viel zu steil.

Die Vorgaben der Hersteller von Elektrorollstühlen geben für die befahrbare Neigung um die 18 % vor.

27 cm auf unter einem Meter sind auch da zu steil.

Klapprampen sind nur durch eine andere Person benutzbar, damit es mit ihnen klappt.

Barrierefrei im Sinne des ohne fremde Hilfe sind sie nicht, auch wenn mir manchmal Vertreter von Kommunen oder Verkehrsbetrieben unterjubeln wollen, das wäre keine fremde Hilfe, wenn es der Fahrer macht, weil das zu seinen Aufgaben gehört.

Der Fahrer ist nicht mein Fahrer, er fährt nur den Bus, den ich vielleicht zu benutzen gedenke.

„Dann soll jemand schieben”, sagen die, die auf ein Video aus sind.

Mit beladenen Paletten auf zu steilen Rampen unterwegs sein, ergibt manchmal lustige Videoclips.

Zu steil im Gefälle wird oft nicht bedacht, denn ob da Fußstützen aufsetzen und verbiegen oder brechen können, das gehört nicht zur Vorstellungswelt.

Die Position, das sei keine fremde Hilfe, ist zwar ohnehin unzutreffend, in Rheydt kam es jedoch schlimmer.

Der Fahrer des Busses bei der Hinfahrt überließ es beim Ein- und Ausstieg Fahrgästen, für mich oder genauer gesagt statt seiner (!) die Klapprampe aufzuklappen und auch wieder einzuklappen.

Nun ist es fremde Hilfe, weil zufällig anwesende Passanten oder andere Fahrgäste eben sicherlich als “fremd” angesehen werden können, egal, wie sympathisch sie sein können.

Wieso ich auf den Fall der Bedienung der Klapprampe eines Busses eingehe?

Weil das bei der Hinfahrt beim Ein- und Ausstieg so gemacht wurde und bei der Rückfahrt beim Ausstieg.

In anderen Städten verbittet sich der Betrieb solche Schritte der Fahrgäste, die Klapprampe wird nur vom Fahrpersonal bedient.

Beispiele für unterschiedliche Lösungen in Städten in NRW gibt es in der Fachzeitschrift Stadtverkehr in der Ausgabe 1-2/2025 auf Seite 54.

Übrigens: wenn es bei der Bedienung der Klapprampe durch Fahrgäste oder Passanten zu Unfällen oder Sachschäden kommt, ergibt sich die Frage nach der Haftung (Personenschäden für den Ausführenden oder den Rollstuhlfahrer auf der Rampe oder Dritte, Sachschäden betreffend den Ausführenden selbst, den Menschen im Rollstuhl insbesondere auch an seinem Rollstuhl, betreffend Dritten und deren Eigentum und auch den Bus).

Das scheint in Mönchengladbach kein Thema zu sein.

Tipp für Fahrgäste: wenn Sie schon so freundlich sind, dem Fahrer das Ausklappen der Rampe zu ersparen, wieso gehen Sie so weit, die Rampe auch wieder einzuklappen?

Das Fahrpersonal kommt aus der Übung und wird so unwirsch, wie ich es beim Ausstieg auf der Rückreise erlebt habe.

Nur noch der Fahrer und ich an Bord und die Rollator-Nutzerin vor der Tür, da machte er die Tür zu und wollte einfach weiter fahren.

Er habe keine Anzeige, dass ich den Taster am Rollstuhlplatz betätigt hätte.

Nun, ich konnte das von meinem Platz aus nicht überprüfen, hatte aber den Taster betätigt.

Vielleicht ging es um eine Schutzbehauptung, vielleicht hat der Bus einen technischen Defekt bezogen auf Taster und/oder Anzeige.

Angemessen erschien mir sein Umgang mit mir und dem Sachverhalt nicht.

Bus-Haltestelle Rheydt Rathaus (beide Richtungen)

Zutreffend wird bei den schon erhobenen Daten der BSK-Kontaktstelle zu dieser Haltestelle der Linie 016 im Ergebnis auf Daumen runter und somit nicht barrierefrei erkannt.

Es wird dabei darauf abgestellt, dass beim Halt mehrerer Buslinien an einer längeren Haltekante Menschen mit Behinderungen immer wieder „ihren” Bus verpassen, weil sie die nicht angegebene Halteposition nicht schnell genug erreichen.

Eine Lösung im Sinne des “Best practice” würde helfen: so hat sich insbesondere bei Straßenbahnbetrieben bewährt, dass das Fahrpersonal auf ein Handzeichen eines möglicherweise behinderten Menschen hin vorn an der Haltekante nochmals anhält.

Bei Busbetrieben wird allerdings ein Vorteil darin gesehen, der hintere von mehreren gleichzeitig haltenden Bussen könnte ausscheren und überholen, was bei Straßenbahnen wegen der Spurführung nicht klappt.

Was als betrieblicher Vorteil verstanden wird, der für im Bus befindliche Fahrgäste auch zutrifft, wird den Menschen zum Nachteil, die im Gedränge der Haltestelle den Kürzeren gezogen haben und nun länger warten müssen.

Wie schnell ist so ein Rollstuhl maximal?

Das ist für diese Situation – voller Bussteig mit wartenden, aus- und einsteigenden Fahrgästen – nicht mehr von Bedeutung.

Immer wieder „ihren” Bus verpassen ist für die Betroffenen extrem unerfreulich.

Wenn schon eine Bedienung der vorhandenen Klapprampen durch das Fahrpersonal bei drei von vier Halten meiner An- und Abreise nicht oder nur widerwillig übernommen wird, dann ist mit der Übernahme dieser Anregung eher nicht zu rechnen.

Ausstattung der Busse

Bleibt noch die Ausstattung der beiden Busse.

Es handelte sich um 12-Meter-Wagen, zweitürige Normalbusse von Solaris und Mercedes-Benz mit einer eher üblichen Aufteilung in Städten, bei denen wenig auf Organisationen von Menschen mit Behinderungen gehört wird.

Die Mehrzweckfläche war auf der Hinfahrt eindeutig zu klein für die Nachfrage.

Auf der Rückfahrt war das ein Kurs bis Rheydt Hbf, der auf dem letzten Ende fast leer unterwegs war.

Zwischenfazit

Es gibt immer nur genau einen “ersten Eindruck”.

Mit genauer Beobachtung über einen längeren Zeitraum kann sich das zwar verschieben, doch diesmal geht es mir um eine Momentaufnahme.

Von daher haben zu baulichen Aspekten von Haltestellen die Untersuchungen meiner Mitstreiter in Sachen Barrierefreiheit vor Ort Gewicht.

Deren Bewertung erscheint mir nun eher zu günstig ausgefallen zu sein.

Zusammenfassung bezogen auf die ÖPNV-Nutzung bei der An- und Abreise zur Veranstaltung:

Wenn ich das als Tourist im Rollstuhl in dieser mir fremden Stadt einschätze – Daumen runter, denn das war ÖPNV zum Abgewöhnen.

Positiv war nur ein Fahrer beim Einstieg in Rheydt Rathaus, für den jedoch schon eine Haltestelle weiter ein Kollege übernahm.

Über den Autor:

Dipl.-Verwaltungswirt Bernd Kittendorf war bis zu seiner Pensionierung Technischer Fachlehrer bei einer Bundesbehörde.

Er ist inzwischen in seinem Alltag im Rollstuhl unterwegs und unterstützt Organisationen der Menschen mit Behinderungen, wenn es um Barrierefreiheit im ÖPNV und im Schienenpersonenverkehr auf regionaler, Landes- und Bundesebene geht.

Beim BSK ist Kittendorf Mitglied im Fachteam “Mobilität”, darüber hinaus an mehreren Fahrzeugprojekten beteiligt und im forschungsbegleitenden Arbeitskreis zu selbständig bedienbaren Einstiegshilfen für die Eisenbahnen, sowie über den Deutschen Behindertenrat beim Europäische Behindertenforum (EDF) in der aktuell laufende Überarbeitung der Verordnung TSI PRM bei der Europäischen Eisenbahnagentur (ERA) involviert.

0 Kommentare

Einen Kommentar abschicken